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“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
My Way
(Text und Komposition: Gilles Thibault/Claude Francois/Jacques Revaux
englischer Text: Paul Anka)


Aufnahmedaten der verschiedenen von Sinatra im Studio eingesungenen Versionen:
30. Dezember 1968 (Reprise)
6. Julei 1993 (Capitol)


Wie man weiß, ist dieser Song Sinatras wohl bekanntestes Lied und wo immer auf der Welt es elektrischen Strom zur Inbetriebnahme eines Abspielgeräts für Tonträger oder eines Radios gibt, wird es nicht viele Menschen geben, die den Song nicht kennen. Wie sicherlich die allermeisten von Ihnen schon längst wissen werden, nahm Sinatras vielleicht allerpopulärstes Lied seinen Anfang als französisches Chanson mit dem vielsagenden Titel Comme D’Habitude und es gibt kaum einen französischen Sänger oder eine französische Sängerin, welche das Lied nicht aufge- nommen hätte, ja sogar von Mireille Mathieu gibt es eine gar nicht einmal schlechte Version - der Spatz von Avignon mit der zauberhaften und immergrünen Frisur kann nämlich nicht nur sehr gut singen, sondern ist für mich überhaupt die beste Sängerin der Welt - nur leider wurde sie oft schlecht beraten und so kam es mit ihr gar soweit, dass sie vor Jahren doch tatsächlich ein Duett mit dem Schnarchstiefel Peter Alexander aufgenommen hat. Leider hat Madame sehr viel auf Deutsch gesungen und hierbei geht der berückende Zauber, der ihren französischsprachigen Liedern entströmt, fast gänzlich verloren. Neben viel und wahrlich unseligem deutschsprachigem Kommerz gibt es von ihr aber auch eine beachtliche Bearbeitung von Melodien des berühmten Filmkomponisten Ennio Morricone. Ja in der Tat, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Zurück zu Comme D´Habitude aus welchem nun bald My Way werden sollte: Paul Anka, ein 27-jähriger amerikanischer Pop-Sänger und Liederschreiber, der trotz seiner relativen Jugend kommerziell seine beste Zeit schon hinter sich hatte, hörte das Lied während eines Frankreich- Aufenthaltes und war von der Melodie so schwer beeindruckt, dass er - kaum wieder zuhause - flugs einen englischen Text dazu schrieb, welcher mit dem französischen Original allerdings gar nichts mehr gemein hatte.  - Aus einem Liebeskummer-Chanson wurde durch Paul Anka eine Rückschau auf ein bewegtes Leben mit all seinen Höhen und Tiefen, eine Rückschau aus der Sicht eines alten Mannes, der sein Leben schon gelebt hat und vermutlich nur noch auf den Besuch von Gevatter Hein wartet. Schon beim Schreiben des Textes soll Sinatra Ankas Wunschinterpret gewesen sein und vermutlich hat er sich durch das wahrlich bewegte Leben
des Barden inspirieren lassen und so eine Sichtweise der Person Sinatras vorgelegt, wie er, Anka, sie wohl empfunden haben mag - also mitsamt all dem Pathos, welcher dem Text innewohnt und über welchem die einen ins Schwelgen geraten, während den anderen wiederum der Sonntagsbraten im Halse steckenbleibt. Paul Anka sandte Sinatra ein Demo-Band, welches erst einmal für einige Monate wenig Beachtung erfuhr. Doch irgendjemand dürfte dem Barden schließlich doch noch gesteckt haben, dass der Song in Frankreich ein großer Erfolg gewesen war.

Sinatra, welcher zu dieser Zeit ohnehin mit zeitgenössischem Liedgut liebäugelte, war schließ- lich zu einer Aufnahme des Titels bereit und Don Costa, welcher damals etliche Pop-Songs für Sinatra adaptierte, fiel es zu, My Way zu arrangieren. Am 30. Dezember 1968 wurde My Way
in der heute weltweit bekannten Version aufgenommen, kurz danach als Single veröfftentlicht
und auch auf dem Album gleichen Namens herausgebracht.

Allein - der Erfolg der Single war denkbar bescheiden: Gerade einmal Platz 27 war dem Song in den US-Billboard-Charts beschieden. Nach und nach begann das Lied aber dennoch auf das Publicum zu wirken und wurde speziell in Europa um ein Vielfaches besser aufgenommen, wo
es in einigen Ländern im Verlauf der nächsten zwei Jahre einige sehr gute Charts-Platzierungen erreichen konnte. Da konnte natürlich nicht ausbleiben, dass My Way auch alsbald von verschiedenen Künstlern in anderssprachigen Versionen auf den Markt gebracht wurde und
sich solcherart zu einer ungemein populären Hymne entwickelte.

Sinatra war es wieder einmal gelungen, den Massengeschmack zu treffen, wenngleich viele seiner Anhänger der ersten Stunde kein gutes Haar an dem Stück ließen - und in der Tat: Es
gibt viel zu kritisieren an diesem bombastischen und von vielen als erzkonservativ und reaktionär eingestuften Hymnus. Vor allem die prahlerische Selbstbeweihräucherung war und ist vielen Hörern ein Dorn im Auge. Sinatra selbst zählte das Lied dem Vernehmen nach ebenfalls nicht gerade zu seinen Favoriten - gelinde gesagt. Jedoch war es ihm seit damals praktisch unmög- lich, das Lied in Konzerten auszulassen. - Der Preis des Erfolges, wenn man so will. Nach seinem nur zweijährigen "Ruhestand" kehrte der Barde anno 1973 ins Musikgeschäft zurück und nahm auch seine Tournee-Tätigkeit wieder auf - stets mit My Way im Gepäck, wobei es Sinatra sich angelegen sein ließ, mitunter gekürzte Versionen des ursprünglich auf fünf Strophen ange- legten Songs vorzutragen. Einige Jahre nach My Way versuchte Sinatra mit ähnlich gestrickten Songs zu punkten, einmal anno 1973 mit Let Me Try Again, ähnlich bombastisch arrangiert und anno 1976 mit I Sing The Songs mit einem geradezu exzessiv selbstverliebten Text - beide Male allerdings ohne Erfolg.

Als der greise Sänger mit nunmehr bald 78 Lenzen auf dem Buckel anno 1993 für das Album Duets in den Capitol-Studios Aufnahmen machte, sang er auch My Way ein, welches aber nicht auf den beiden Duets-Alben, sondern erst 1995 als Draufgabe auf dem Album
80th Live heraus- gebracht wurde. Sein künstlich hinzugemischter Duett- Partner war in diesem Fall Luciano Pavarotti, dessen Mitwirkung die Aufnahme - neben Sinatras brüchiger Greisen-Stimme - zu einem einzigen Desaster werden ließ - in der Tat: in dieser Version geriet My Way zu einer unfreiwilligen, über die Maßen grotesken Parodie, Pavarotti schmettert den Text in ungelenkem Englisch wie eine Opern-Arie und zerstört mit diesem Geprotze den ohnehin umstrittenen Song vollends. Jahre später wurden die beiden Duets-Alben erneut aufgelegt und um eine zusätzliche alternative Version von My Way (diesmal mit Willie Nelson) angereichert.

Sinatra hingegen, welcher nach dem kommerziellen Erfolg von Duets weiterhin auf Tournee ging, behielt den Song nun bis zum Schluss seiner aktiven Karriere im Programm, nun als Greis aufgrund des Textinhaltes vom Publicum mehr denn je bejubelt. Die Morbidität, die diesen Aufführungen zwangsweise anhaftete, ging zumeist im Jubel der Massen unter, soll aber hier keinesfalls unerwähnt bleiben. Wahrlich: Welch ein entsetzliches Schicksal, bei jedem Auftritt quasi seine eigene Grabinschrift vortragen zu müssen! Meine Damen und Herren, ich ersuche Sie, jetzt sofort für einen Moment innezuhalten und sich die Situation mit aller Deutlichkeit bewusst zu machen: Der greise Sinatra - mit bald achtzig Jahren nach aller Wahrscheinlichkeit bald am Ende seines irdischen Weges angelangt, Gevatter Hein förmlich in Sichtweite, ja, die Sense meint man schon pfeifen zu hören - steht da, alt und zunehmend gebrechlich, die Augen versagten schon ihren Dienst, das Ablesen der tausendfach gesungenen Liedtexte von den Telepromptern wollte nicht mehr klappen, das Gehör wollte da freilich auch nicht nachstehen
und erwies sich zunehmend als unzureichend und unzuverlässig - dieser Mann, einst immerhin trug er verdientermaßen den Beinamen The Voice, sieht sich gezwungen, die Worte "and now the end is near, so I face the final curtain" zu singen - im Grunde genommen in höchstem Maße mitleidserregend, wer mir da nicht zustimmt, wertes Publicum, hat einen Stein in seiner Brust wohnen. Jawohl einen mächtig großen Wackerstein! Oooohhh, meine Damen und Herren!

Am 6. März 1994 brach Sinatra in Richmont, USA denn auch tatsächlich nach Darbietung von
My Way
auf offener Bühne zusammen - aufgrund eines Hitzstaues, wie man sich später beeilte, zu erklären. Dessen unerachtet setzte der Barde seine Konzertreisen um den Globus fort, fast könnte man meinen, Sinatra habe es darauf angelegt, auf der Bühne den Löffel abzugeben. Nach zwei Konzerten in Japan war im Dezember 1994 aber das Ende der Fahnenstange erreicht: Die Auftritte gerieten zum peinlichen Desaster - Sinatra stolperte bei praktisch jedem Song über den Text und verlor auch bei My Way den Faden. Es sollten die letzten öffentlichen Konzerte des Barden sein - im Februar 1995 erfolgte zwar noch ein zwanzigminütiger Kurzauftritt vor geladenen Gästen im Rahmen einer Wohltätigkeitsveranstaltung, aber Sinatras Bühnenkarriere war nun zu Ende. Das Ende von Sinatra selbst ließ nun freilich nicht mehr lange auf sich warten: Mehr und mehr häuften sich die Meldungen über Sinatras schlechten Gesundheitszustand. - Da der Sänger den Song lange Jahre bei praktisch jedem Konzert gesungen hatte, gibt es dementsprechend viele auch offiziell erschienene Versionen des Titels, so etwa auf folgenden Ton- und Bildträgern:

DVD Sinatra 1969
DVD Royal Festival Hall 1970
DVD The Main Event
DVD Sinatra In Japan
VHS The Voice The Event
VHS The Ultimate Event
CD The Main Event
CD Live From Las Vegas
DVD/CD Sinatra New York

Unabhängig davon, ob Sinatra den Song nun selber mochte oder nicht (einiges spricht für Letzteres) komme ich in meiner persönlichen Beurteilung des Songs zu folgendem Schluss: Ich habe den Song in all den Jahren so oft gehört, entweder mit Absicht oder weil er gerade irgendwo lief, dass ich ihn eigentlich (fast) nicht mehr hören kann. Ob er mir gefällt, kann ich nur mit einem „Jein“ beantworten. Mir gefallen die ersten zwei Minuten des Songs nicht schlecht, danach finde ich die lauteren Passagen einfach zu überorchestriert, da ist meiner Ansicht nach zu viel Pathos in das Arrangement gelegt worden und der Song geht fast schon in Richtung Selbstparodie. Sicher werden da - und dessen bin ich mir völlig im Klaren, ich versichere es Ihnen - viele Sinatra-Freunde anders empfinden, aber ich halte diese Passagen des Songs für viel zu „aufgetakelt“, ja für geradezu monströs überzogen.

Ganz besonders das Ende des Songs ist hoffnungslos „überzüchtet“, klingt einfach zu sehr nach über-patriotischer National-Hymne (Gelegentlich hat ja der Barde selbst den Song als „National Anthem“ bezeichnet und das meinte er sicher nicht ohne Ironie). Mit diesem schon grotesken Bombast-Arrangement wollte Arrangeur Don Costa einen im Grunde eher einfachen Pop-Song
zu einem Kunstwerk erheben und ist dabei leider weit, weit über die Kitsch-Grenze getaumelt. Ohne das ganze pompöse Drumherum, in das man den Song gekleidet hat, würde mir My Way
möglicherweise - ich betone: möglicherweise -  entschieden besser gefallen. Allein von der Melodie her, meine Damen und Herren, allein von der Melodie her - der Text ist und bleibt
entsetzlich schlecht und prätenziös, eine spätpubertäre Allmachts-Halluzination Paul Ankas, ganz offenbar im Delirium verfasst.

Gerade dieser überzogene Bombast wird es wohl gewesen sein, der seinerzeit Sid Vicious zu seiner schrägen My Way-Parodie (den meisten sicher bekannt) veranlasst haben mag. Dieser Hymnus fordert eine Karikatur aber auch wirklich geradezu heraus. Aber noch einen (und diesmal wohl unbeabsichtigten) Schritt weiter in Richtung Karikatur ging, wie oben erwähnt, Luciano Pavarotti mit seinem Beitrag zu der Duett-Aufnahme mit Sinatra, die auf dem Album 80th Live
zu hören ist.

Fazit: Der Song ist (für mich jedenfalls) ganz sicher kein Meisterwerk, er ist auch nicht wirklich schlecht, er hat vielleicht lediglich das falsche Arrangement und einen furchtbaren Text. Sicher entfaltete der anrühren wollende Bombast zumal bei Sinatras Konzerten den beabsichtigten Effekt, aber der Song wirkt auf mich ganz einfach zu „aufgeblasen“.

Vokal- und Instrumentalaufnahmen des Titels von anderen Künstlern (Auszug)
Interpret/Album-Titel/Jahr der Aufnahme bzw. Veröffentlichung:


Acoustic Sound Orchestra: Romantic Violin (1995)
Paul Anka: A Golden Hour Of Paul Anka (1971-78)
Shirley Bassey: Something (1970)
Richard Clayderman: Vol. 1 Love Songs (1998)
Matt Monro: Original Gold (1961-94)
Elvis Presley: Elvis Forever Vol. 2 (1956-73)
Sex Pistols: The Great Rock´n´Roll Swindle (1980)
Harald Juhnke: His Way - Juhnke singt Sinatra (1998)
Claude Francois: Comme D´Habitude (1967)
Claire Chevalier: Saveur Brazil (1996)
Mireille Mathieu: Les Grandes Chansons Francaises (1985)




 
Information:

Der Song kann in seinen verschied- enen Versionen auf den folgenden Sinatra-Alben nachgehört werden. Die Aufstellung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.


Version Numero Eins:
My Way
New York, New York
Greatest Hits
Complete Reprise
Studio Recordings
Nothing But The Best

sowie auf etlichen anderen Samplern mit Aufnahmen der Reprise-Phase
des Barden


Version Numero Zwo:
Sinatra 80th Live
Duets 1/2