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“Basically, I'm for anything that gets you through the night - be it prayer, tranquilizers or a bottle of Jack Daniels.”

“Critics don't bother me because if I do badly, I know I'm bad before they even write it. And if I'm good, I know I'm good. I know best about myself, so a critic doesn't anger me.”

“The thing that influenced me most was the way Tommy played his trombone. It was my idea to make my voice work in the same way as a trombone or violin - not sounding like them, but "playing" the voice like those instrument- alists.”
Ol´ Blue Eyes Is Back

Nur zwei Jahre nach seinem selbstgewählten "Ruhestand" kam Sinatra zu dem Schluss
"No fun trying to hit a golf ball at eight at night". Nach einem Konzert im Weißen Haus für den seinerzeitigen Präsidenten Nixon erklärte der Sänger schließlich offiziell seinen "Rücktritt vom Rücktritt".

Mit diesem Entschluss, meine sehr verehrten Damen und Herren, leitete der Barde die bei vielen Fans und vor allem bei sehr vielen namhaften Kritikern umstrittendste Ära seiner Karriere ein, welche jedenfalls für mich persönlich die unersprießlichste und unerfreulichste Phase in Sinatras Laufbahn darstellt.

Der Barde stand vor der Wahl, sich entweder für den Rest seines Lebens auf dem Golfplatz zu langweilen oder es doch noch einmal zu versuchen, dabei zwar erneut Massenpopularität und kommerziellen Erfolg zu haben, aber künstlerisch immer mehr abzubröckeln und gleichsam nach dem berühmten Motto: "ist der Ruf erst ruiniert, lebt man gänzlich ungeniert" trotz immer mehr versagender Stimme bis weit in die 90er Jahre hinein aufzutreten. Sinatra hätte sich das Comeback als Sänger unbedingt schenken müssen und sich eher seinem zweiten Standbein, der Schauspielerei zuwenden sollen.

Aber Sinatras Entscheidung, mag sie falsch oder richtig gewesen sein, ist nunmal musik- historische Tatsache, die einen freuen sich über sein Comeback, die anderen - zu denen
auch ich gehöre - müssen wohl oder übel mit der Tatsache leben.

Sinatra begab sich denn also im Sommer 1973 zusammen mit seinen Arrangeuren Gordon Jenkins und Don Costa zurück ins Aufnahme-Studio, um sein Comeback-Album einzuspielen. Seit seiner letzten Aufnahmesitzung im November des Jahres 1970 war The Voice jedoch ganz offenbar ziemlich eingerostet, die beiden als erste aufgenommenen Nummern Noah und Nobody
Wins waren so enttäuschend, dass sie auf Sinatras Geheiß sogar vernichtet werden mussten. Eine Reihe anderer Songs schaffte es schlussendlich nicht auf die Platte und gelangte erst
sehr viel später ans Ohr der Öffentlichkeit.

Das auf Platte vorliegende End-Ergebnis der Sessions vermag zumindest an manchen Stellen ansatzweise zu überzeugen, wenngleich aber offenbar wurde, dass die Stimme bei Weitem nicht mehr die Elastizität der früheren Jahre hatte und dunkler und vor allem viel rauher geworden war.

Vor allem aber der Wechsel von tieferen zu höheren Lagen klang bei Sinatra ab diesem Zeitpunkt stets beinahe weinerlich. Sehr, sehr  viel von der einstigen Magie war also unwiederruflich verloren. Aber immerhin war der (auch äußerlich) rapide alternde Sänger
schon annähernd sechzig Jahre alt, ein Umstand, der sich fast unweigerlich auch auf die Stimme auswirken musste.

Aber auch in hohem Alter war Sinatra für - wenn auch nur einige ganz wenige - magische Momente gut: You Will Be My Music, Let Me Try Again und vor allem Send In The Clowns sind die besten Beispiele dafür, was der Sinatra der späten Jahre mitunter immer noch aus einem Song herauszuholen vermochte.  - Natürlich sind auch diese wenigen positiven Beispiele stimmlich ziemlich weit entfernt von den gloriosen alten Tagen, aber sie allein können als Rechtfertigung für dieses ansonsten völlig unterdurchschnittliche Album herhalten.

Beim Rest der Nummern handelt es sich nämlich leider größtenteils um sanft dahinplätschernde Belanglosigkeiten, teils einen Hauch moderner arrangiert als die Songs der 60er Jahre, mitunter auch etwas überproduziert, an manchen Stellen gar nicht einmal besonders unangenehm zu hören, aber letztlich ganz bestimmt nicht weltbewegend und an Sinatras früheren Standards gemessen oft genug sogar inferior. Die aber mit Abstand schlechteste Nummer dieses großteils vergeigten Comeback-Albums ist ohne Zweifel die Schlussnummer Noah - bei diesem von einem gewissen Joe Raposo komponierten und getexteten Titel steckt Sinatra bis zum Hals im Kitsch- Fettnäpfchen, ein ungemein naiver Love And Peace-Text sowie ein gnadenlos jubilierender Gospelchor sorgen hier fast schon für eine gewisse unfreiwillige Komik. Von Joe Raposo stammen übrigens gleich vier Songs auf Ol´ Blue Eyes Is Back, Sinatra´s ursprünglicher und kühner Plan war es gar, das Album gänzlich mit Raposo-Stücken zu befüllen, dagegen jedoch legte sich die Plattenfirma quer. Raposo - der anno 1989 mit nur 51 Jahren verblich - soll mit Sinatra persönlich gut befreundet gewesen sein, Sinatra soll auch von seinem Klavierspiel äußerst angetan gewesen sein. Joe Raposo kennt man vor allem in seiner Funktion als Komponist für die Serie „Sesame Street“.

Die stimmliche Verfassung des wie schon erwähnt auch äußerlich sehr, sehr gealterten Sängers ist der allergrößte Minus-Punkt dieser Platte, die sich auch nur recht mäßig verkaufte. Die Platte blieb sowohl künstlerisch als auch kommerziell weit hinter den an diese erste Post-Retirement- Produktion gestellten Erwartungen zurück. Hatte der Barde vielleicht gemeint, sein erstes Album nach seinem nur zwei Jahre währenden Rückzug aus dem Show-Geschäft würde - bedingt durch die gesteigerte Begehrlichkeit der lange darbenden Fan-Gemeinde - postwendend die Spitze der Charts erklimmen, so sah er sich bitter getäuscht: Platz Dreizehn als höchster Rang in den Billboard-Charts kann, vor allem wenn man bedenkt, dass es sich hier um des Barden Comeback-Album handelt, nur als herbe Enttäuschung angesehen werden.

Fazit: Vom kommerziellen Standpunkt gesehen, eher enttäuschend, vom künstlerischen
Standpunkt sowieso - Meine Damen und Herren: Das Album das totale Fiasko zu nennen,
wäre vielleicht zu hoch gegriffen, aber dennoch ist Ol´ Blue Eyes Is Back in Summe ein
Schlag ins Wasser.

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Bewertung: problematisch
Songs
You Will Be My Music
You´re So Right
Winners
Nobody Wins
Send In The Clowns
Dream Away
Let Me Try Again
There Used To Be A Ballpark
Noah



Aufgenommen im Juni 1973

Produzent

Don Costa

Arrangeure
Gordon Jenkins
Don Costa